forgotten birds
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Es gibt so viele Bands, so viele verschieden Klänge und dann auch die individuellen Gesichter – es sind so viele. Doch die Musikszene braucht immer jemanden, die aufrütteln und inspirieren können: Das sind die Forgotten Birds. Ihre Musik ist ein Konglomerat aus guten alten Zeiten, wo sich Frauen noch Blumen ins Haar steckten und ein Trip nichts mit einem Ausflug ins Grüne zu tun hatte und dem Schmierfett der Musikindustrie: dem Country Folk. Jan Gazzara und Judy Willms sind so etwas wie die nostalgische Erinnerung an die erste Liebe an einem Herbstabend in der finnischen Sauna; emotional und vertraut und irgendwie verdammt heiß.
Getroffen haben die beiden sich auf einer Veranstaltung, wo man mit
Kreativität eigentlich nichts zu tun haben will, einer Kunstausstellung.
Ob es an dem Rotwein aus Plastikbechern oder den lauwarmen Kanapees lag, das diese beiden sich gefunden haben? Vielleicht half es auch, dass Jan schon zwei Solo Alben vorzuweisen hatte (Ladomat, Sunday-Service) und dass Judys Stimme so wundervoll ist, dass man sie nur mit 15 Jahre altem Whiskey aus einem Champagnerglas vergleichen kann. Aber genau wissen wir es nicht.
Müssen wir auch gar nicht. Das Ergebnis zählt.
Das Hamburger Musiker-Duo vermag es mit ihrer Musik das Neon-Grau des Alltags in einen psychedelischen Regenbogen zu tauchen. Wenn die Birds auftreten, werden Knie weich und Herzen tanzen Squaredance auf klebrigen Tresentischen. Das mag auch an der tatkräftigen Live-Unterstützung liegen – neben Alexander Polzin (DIAL, Mirau), der auch so Elektrosachen macht und Stephan Rath, der bei den Goldenen Zitronen irgendwas mit Schlagzeuger ist –, steht am Bass die entzückende Französin Hélène Gaudet,
die der Musikalität das letzte Aroma gibt.
Nun fehlte lediglich noch eine eigene Schallplatte. So entschließt man
sich an die Ostsee zu fahren, in Rocko Schamonis Wochenendhaus abzuhängen und genau dort innerhalb einer Woche ein Album mit Jörg Follert aufzunehmen (Wechsel Garland, Wunder).
Da mittlerweile jeder der Meinung ist, dass es wichtig ist, kurz vor der Veröffentlichung Gefühle zu zeigen, um nach innen und außen menschlich und nahbar zu wirken, entschieden die Beiden sich dafür auch noch Marcin Öz mitmachen zu lassen. Der Bassist von The Whitest Boy Alive lud die Birds daraufhin ein, als Support Act in der Großen Freiheit aufzutreten.
Die kleine Schar der Early Adopter, die schon in den Genuss kamen das Album zu hören, fangen seit dem unkontrolliert an zu grinsen und umarmen vor lauter Lebensfreude wildfremde Straßenmusiker.